Die Tagebücher
Jahrelange Recherche
Reise in die Vergangenheit
Meine größte Inspiration waren die geheimen Tagebücher meines Großvaters. Dieser wurde 1917 in Günzburg geboren und studierte in München Medizin. Nach Abschluss seines Studiums (Sommer 1942) wurde er nach kurzer Ausbildung als Truppen-arzt des 63. Panzergrenadier-regiments bereits im Herbst 1942 an die Ostfront geschickt. In Russland führte er täglich Tagebuch und hielt seine Erlebnisse in einem kleinen Notizbuch fest. Zudem sind seine Landkarten erhalten, in die er seine Marschrouten mit der Hand skizzierte. Für meine Figur "Hermann", die den Namen meines Großvaters trägt, habe ich die Tagebücher und die Erzäh-lungen aus seiner Zeit an der Ostfront verwendet. Da mein Opa ein großer Sammler war, konnte ich anhand seiner erhaltenen Medizinbücher recherchieren, was für eine Verantwortung er als junger, unerfahrener Arzt für die Soldaten hatte.
Mein Opa väterlicherseits war (wie Karl im Buch) Funker. 1945 wurde er bei der "Schlacht um Berlin" eingesetzt und geriet in russische Gefangenschaft.
Ähnlich wie meine Figur "Hannah" wuchs meine Groß-mutter als Tochter eines Landarztes auf. Ihr Vater widersetzte sich dem Verbot, jüdische Patienten zu behandeln und "eckte" immer wieder an. Auf dem Heimweg von der Schule gab ihr einer dieser Patienten einen Brief an den Vater mit. In diesem bat er für eine hohe Dosis Morphium für einen erweiterten Suizid.
Mein Urgroßvater verweigerte diese Bitte. Eine abgewandelte Szene ist in Teil 2 der Romanreihe zu finden. Auch konnte ich viele Erinnerungen meiner Großeltern sowie anderer Zeitzeuginnen und Zeitzeugen in meine Geschichte einweben.
Die Heimatstadt meiner Protagonisten ist auch meine eigene: Rosenheim.
Um die Schauplätze zum Leben zu erwecken, habe ich viele Stunden in Stadtarchiven ver-bracht sowie die Orte besucht. Die Szenen im ersten Roman (Besuch Hitlers, die Verfolgung des Pfarrers, Veränderung im Schulwesen, Veranstaltungen der HJ, die Reichsprogromnacht, das Jahrhundert-hochwasser, das Außenlager von Dachau) beruhen auf wahren Begebenheiten.
Mir war es wichtig, aus verschiedenen Blickwinkeln zu erzählen, sodass die Leser die Möglichkeit haben, an ver-schiedene Orte (Ostpreußen, München, Berlin, New York, Warschau) zu reisen.
So lernt man auch den ehrgeizigen SS-Oberführer Erich Winter hautnah kennen, der für seine Karriere über Leichen geht, aber selbst mit einem Kind-heitstrauma zu kämpfen hat.
Um authentisch zu schreiben, habe ich mit Zeitzeuginnen und Zeitzeugen sowie Überlebenden gesprochen.
Ich hatte das große Glück, dass Dita Kraus (geboren 1929 in Prag) ihre Erlebnisse in Auschwitz mit mir geteilt hat.
Von Theresienstadt aus wurde sie mit ihren Eltern nach Auschwitz deportiert und lebte dort im "Familienlager". Man kann nicht annähernd nachempfinden, was sie dort Schreckliches erleben musste, aber sie hat mir geholfen, dass ich mich in Jacob hineinversetzen konnte.
Mit ehemaligen Soldaten (Deutschen, Amerikanern) habe ich über ihre Erlebnisse im Zweiten Weltkrieg gesprochen. Die Schrecken, die sie erlebten, sind kaum in Worte zu fassen.
Für meine Figur "Levi Sternlicht" brauchte ich eine ganz neue Perspektive.
So lernte ich über das Internet den 98 Jahre alten David Marshall kennen. Zufälligerweise kommt er aus New York und ist wie Levi Jahrgang 1924. David war Soldat bei den "Railsplitters", dem 84. Infanterieregiment der US-Army. Zusammen mit seiner Truppe erlebte er die "Schlacht um Geilenkirchen" (November 1944), verlor dort seinen besten Freund "Smitty", kämpfte in den Niederlanden ("Battle of the Buldge") und erreichte schließlich deutschen Boden. Nahe Hannover befreite seine Einheit das "KZ Ahlem". Das Kriegsende erlebte er an der Elbe, wo deutsche Soldaten in die Fluten sprangen, um nicht den "Russen" in die Hände zu fallen.
Im Mai unternahm David zusammen mit anderen US-Veteranen eine Reise in die Niederlande. Dort besuchten sie ehemalige Schlachtfelder. David lud mich ein, ihn dort zu besuchen, woraufhin ich das Angebot sofort annahm.
Ich durfte David in Maastricht treffen und habe mit ihm das Grab seines Freundes "Smitty" auf dem Soldatenfriedhof in Margraten besucht. Noch heute stehe ich in Kontakt mit ihm.
Ebenso hatte ich das Glück mit Guy Prestia (Jahrgang 1922) zu sprechen, der unter Lieutenant Colonel Felix Sparks mit der 45. Infanterieeinheit das "KZ Dachau" befreite.
So einen Krieg darf es nie wieder geben!